Grevenbroich. Junge Ehrenamtliche in der katholischen Kirche sind fassungslos über die Missbrauchsfällen durch Geistliche im Erzbistum Köln.
Vergangene Woche wurde ein Gutachten zum Umgang des Erzbistums mit sexualisierter Gewalt veröffentlicht und personelle Konsequenzen in der katholischen Kirche gezogen. Doch gleichzeitig wurde klar, dass es an vielen Stellen im Erzbistum schlechte Aktenführung, mangelnder Rechtskenntnis und unklaren Zuständigkeiten gibt. Wir fordern, dass es über die personellen Konsequenzen hinaus weitrechende Aufklärung und kritische Überprüfungen und Veränderungen der kirchlichen Strukturen gibt.
Auch in der Jugendarbeit sind die Folgen des Vertrauensverlustes zu spüren. Wir als Jugendliche, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich in der katholischen Kirche engagieren, fühlen uns nicht mehr wohl bei dieser Tätigkeit. Wieso sollen wir unermüdliches Engagement in unsere Tätigkeit stecken, wenn in der katholischen Kirche an anderer Stelle Kindesmissbrauch toleriert und die Aufklärung erschwert wird? Wir möchten eine Gemeinschaft schaffen, die Geborgenheit und Vertrauen ausstrahlt.
Somit fordern wir eine kompromisslose, schonungslose Aufklärung und einen transparenten Umgang mit Missbrauchsfällen und Fällen sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. Die weiteren Aufklärungsprozesse sollen von unabhängigen Stellen übernommen werden. Wir fordern, dass staatliche Rechts- und Strafverfolgungsorgane die weitere Untersuchung übernehmen. Darüber hinaus müssen die Bistumsleitung und weitere Amtsträger in der katholischen Kirche endlich moralische Verantwortung für Ihre Taten und die Vertuschung übernehmen.
Wir fordern ein Ende der Instrumentalisierung des Betroffenenrates und das die Perspektive der Betroffenen im Vordergrund gestellt wird. Betroffene dürfen nicht erneut verletzt oder retraumatisiert werden. Den Betroffenen muss eine angemessene Entschädigung für Ihr Leid gezahlt werden und die Stärkung, Vernetzung und Beratung von Betroffenen muss endlich finanziell unterstützt werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Opfer sexualisierte Gewalt Teil unserer Gemeinschaft, Teil unserer Kirche sind!
Wir verurteilen machterhaltendes Handeln wie im Erzbistum Köln durch die Bistumsleitung. Dieses Verhalten erweckt den Anschein, Erkenntnisse vertuschen zu wollen und den Schutz der Institution vor den Schutz von Kindern und Jugendlichen zu stellen. Alle kirchlichen Strukturen müssen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden, um den Missbrauch begünstigender Machtverhältnisse nicht zu erkennen, sondern auch abzuschaffen.
Zusätzlich zu strukturellen Reformen fordern wir eine Änderung der Haltungen in unserer Kirche. Kirche muss ein Ort für Alle sein, es müssen demokratische Strukturen geschaffen werden und eine Kultur des Hinschauens auf breiter Ebene entstehen. Die Sensibilisierung muss auch in den einzelnen Gemeinden umgesetzt und gelebt werden. Es muss eine Kirche sein, die die Würde aller Menschen schützt und an erster Stelle stellt. Dies bedeutet auch, dass Menschen unabhängig von ihrer Sexualität, ihres Geschlechts und ihrer persönlichen Vergangenheit in unserer Kirche gleichberechtigt sind. Sie sollen selbstverständlich Ämter in unserer Kirche bekleiden dürfen. Die Bedürfnisse junger Menschen und anderer Gruppen, die bisher keine oder wenig Teilhabe in kirchlichen Strukturen gewährt bekommen, wie zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, nicht binäre Menschen oder Frauen, müssen in der Kirche gehört werden und in der Öffentlichkeit eine Stimme bekommen.
Unsere Forderungen richtigen sich an alle Leute in der katholischen Kirche. Die Täter sind verantwortlich für ihre Taten und tragen die Schuld dafür. Doch Angehörige der Kirche, die weggeschaut haben, Taten vertuscht haben und die missbrauchsfördernden Strukturen akzeptieren und aufrechterhalten wollen, trifft eine Mitschuld! Das Vertrauen in die Bemühungen um die Aufklärung von sexualisierter Gewalt und in die Institution Kirche ist massiv gestört. Bei vielen Katholik*innen ist es ganz verloren.
Jede Äußerung von Angehörigen der Kirche sowie Gemeindeangehörigen und junge Ehrenamtler*innen muss gehört werden. Amtsträger*innen dürfen nicht mit negativen Konsequenzen drohen oder die Äußerungen ignorieren.
Wir wünschen uns eine offene, gerechte und vielfältige Kirche, in der Kinder und Jugendliche sich geschützt und respektiert einbringen können und in der Prävention und Teilhabe an erster Stelle stehen.